Welchen Trainingsplan brauche ich?

Zunächst stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Planung in Frage kommt. Nutze ich den Sport als Ausgleich zum Beruf und verfolge ich hier keine Ziele, habe ich keine Probleme mit Schmerzen am Bewegungsapparat, fühle ich mich nicht überlastet und will ich eigentlich keine zusätzlichen Fixpunkte in meinem Alltag, dann wäre die Antwort „eher nicht“.
Kommt der Leistungsgedanke dazu, will ich mich für bestimmte Ziele vorbereiten oder kämpfe ich bei selbstgesteuertem Training mit Überlastungsproblemen, dauerhafter Müdigkeit, Überforderung oder Leistungsstagnation, dann könnte eine Planung viel Sinn machen und vor allem unnötigen Stress reduzieren.

Wie sieht so etwas aus?
Man schaut sich zunächst den aktuellen Leistungshorizont an und was noch für die Erreichung der individuell festgelegten Ziele fehlt. Dann kann man auch einen realistischen Zeitrahmen ins Auge fassen.
Essentiell ist auch, die Lebensumstände miteinzubeziehen – lassen die Rahmenbedingungen das notwendige Training zu, ohne dass Schlaf und Regeneration generell zu kurz kommen?
Gibt es andere Faktoren, die bestimmend für eine positive Entwicklung sind – seien es Mangelzustände (Blutbild!) oder schlichtweg falsche Ernährungsstrategien beim Wettkampf?
In welcher Altergruppe befindet sich der Sportler, welche geschlechtsspezifischen Voraussetzungen sind gegeben (evtl. auch altersbedingte hormonelle Umstellungen) und welche Erfahrungen im Sport sind vorhanden?

Hier wird schnell klar, das können Standardpläne aus Büchern, Internet oder Plattformen von Sportuhren einfach nicht bieten – dort kann man sich als erfahrener Sportler gute Anregungen holen, aber es fehlt der persönliche Ansprechpartner für individuelle Fragen und Abklärungen. Dazu gehört die realistische Beratung hinsichtlich Zielsetzungen genauso wie die Erkennung von Messfehlern der Pulsuhr oder das Motivieren und Beistehen in Phasen geringer Motivation (die ebenso völlig normal sind und mit Gelassenheit gesehen werden dürfen!)

Sucht man sich persönliche Betreuung, so ist in erster Linie wichtig, dass die „Chemie stimmt“. Es muss ein gewisses Vertrauensverhältnis bestehen, man muss sich wohlfühlen. Zuviel emotionale Verwobenheit wie bei der eigenen Familie ist hingegen meist eher problematisch, eine professionelle Distanz ohne zu starke eigenen Interessen ist hier zielführender.
Ein guter Trainer kann viel Lehrgeld ersparen, er ist aber auch manchmal der Überbringer unangenehmer Botschaften.

Niemand kann Spezialist für alles sein, aber es ist wichtig, sich lebenslang fortzubilden und über den Tellerrand zu schauen. Trainingsplanung involviert neben viel Psychologie auch enorm viel medizinisches und biomechanisches Wissen, Wissen um sportartspezifisches Material und dessen Anpassung, Kenntnisse des sportartspezifischen Kraft- und Mobilitätstrainings und nicht zuletzt auch Erfahrung in genau diesem Sport – aktiv als Sportler wie unterstützend als Betreuer.

Bevor man sich für jemanden entscheidet, sollte man in sich gehen und überlegen, was die eigenen Ansprüche sind. Will ich jemanden, der mich zu jedem Wettkampf begleitet, mehrmals in der Woche mit mir ausgiebig telefoniert und Tag für Tag plant, so werde ich einerseits sehr tief in die Tasche greifen müssen, aber auch erstmal einen Trainer finden müssen, der das überhaupt anbietet. Jemand, der selbst noch im Sport aktiv ist, wird das nicht können und hier erfordert es schon ein Mindestmaß an Eigenständigkeit des betreuten Athleten. Seid hier ehrlich zu Euch selbst und auch zum potenziellen zukünftigen Trainer, dann kann man unerfüllte Erwartungen schon im Vorfeld ausmerzen.
Bietet jemand unterschiedliche Pakete in der Betreuung an, seid so ehrlich und nutzt wirklich nur, was ihr (pünktlich) bezahlt habt. Ja, die persönliche Ebene und Vertrauen ist wichtig, am Ende muss aber auch der Trainer seine Rechnungen bezahlen und Buchhaltung gehört ohnehin nicht zu den weit oben angesiedelten Interessensgebieten von Nerds in Sachen Trainingswissenschaften.

Generell bin ich der Meinung (!), dass eine gute Betreuung das Ziel hat, den Athleten so umfassend und auf Augenhöhe zu informieren, dass dieser nach und nach mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen kann, so er das möchte.
Wer lieber einen autoritären Trainer sucht, der muss sich eine solche Persönlichkeit aktiv suchen. Auch so jemand sollte aber mehr Argumente als „das hab ich immer schon so gemacht“ parat haben.
Aufpassen sollte man bei „Gurus“ mit großen Versprechen. Auch, wenn jeder in der Betreuung so ein wenig seinen eigenen Stil hat, so ist der Großteil des Wissens doch nicht allzu neu und entsprechend sind keine „Wunder“ bei der Entwicklung zu erwarten. Je schlechter das Training zuvor war, desto mehr Spielraum nach oben gibt es durch eine gute Steuerung. Niemand kann aber seriös eine Leistungssteigerung um X% versprechen, weil man im Vorhinein schlichtweg das genetische Maximum nicht kennen kann. Über verschiedene Tests in Verbindung mit Erfahrung kann man aber mit guter Wahrscheinlichkeit (!) angeben, ob man einem Athleten helfen kann oder eher nicht.

Wie „diskutabel“ ein Plan ist, hängt von vielen Faktoren ab. In Einzelheiten kann man den Präferenzen des Athleten nachkommen, ohne den Erfolg zu gefährden. Das betrifft  beispielsweise Wahl der Trainingstage und –strecken oder auch die Art der Steuerung über Puls/Pace/Watt. Hier kann es auch Sinn machen, je nach Jahreszeit zu variieren – ein erfahrener Trainer hat einen großen Werkzeugkasten und findet für die jeweilige Situation des Sportlers das Passende.
An manchen Dingen ist aber auch nicht zu rütteln … dazu zählen unter anderem die so wichtige Regeneration, ausreichende Versorgung mit Nährstoffen und gezielte Schlüsseleinheiten für die jeweiligen Zielsetzungen.