ETU Duathlon European Championships Middle Distance Elite
Nachdem es letztes Jahr mit der Bronzemedaille so gut gelaufen ist, wollte ich mich noch einmal bei der Mitteldistanz-EM, in diesem Jahr beim POWERMAN Vejle/DEN, versuchen.
POWERMAN-Veranstaltungen sind eigentlich immer schön, bieten einen tollen Rahmen und sie fordern mich genau in meinen schwächeren Bereichen (Radlastigkeit, Zeitfahren, sehr lange Wettkampfdauer mit rund 1,5facher Zeit meiner Hauptstrecke).
Sie sind damit perfekte Aufbauwettkämpfe. Aber klar, für einen reinen Vorbereitungsbewerb fährt man nicht 12h mit dem Auto quer durch Europa bis nach Dänemark :D
Im Vorjahr, als die EM beim POWERMAN St. Wendel/GER ausgetragen worden ist, war ich zwar über meine Platzierung sehr positiv überrascht, allerdings habe ich trotzdem eine Rechnung mit der Mitteldistanz offen, denn ich habe den recht sicheren zweiten Platz wegen eines Hungerastes verspielt. Die absolut überlegene Radfahrerin Emma Pooley war ohnehin nicht mehr zu holen.
Diese hat sich in diesem Jahr nicht gemeldet und insgesamt muss man schon ehrlich zugeben, dass die Dichte auf der Mitteldistanz nicht ganz mit der Standard-Distanz vergleichbar ist (diese heißt ja nicht umsonst so :D). Das mag auch an finanziellen Aspekten liegen, die Preisgelder sind rund halb so hoch und die Reisekosten werden auf der Standard-Distanz für gewöhnlich von den nationalen Federationen übernommen, bei der Mitteldistanz nicht.
Dafür kann sich auch jeder, der in der Age Group oder dem offenen Bewerb startet, direkt mit dem EM-Rennen vergleichen, das auf gleicher Strecke unter gleichen Bedingungen (Windschattenverbot am Rad) nur ein wenig früher gestartet wird.
Auch die LAP-Regel, also dass Überrundete das Rennen beenden müssen, gibt es auf der Mitteldistanz nicht (bzw. sind die Runden ohnehin sehr lange), sodass das Startfeld nicht "künstlich" klein gehalten wird (bei der Standarddistanz-WM im Vorjahr hat sich etwa buchstäblich das halbe Starterfeld abgemeldet, als die Radstrecke bekannt gegeben worden ist ... Reisekosten vs. Chance, das Rennen beenden zu können, müssen halt auch in einer gewissen Relation stehen. Am Ende wurden nicht einmal die Preisgeldränge gefüllt ...).
Leider ist es für Förderungen oft relevant, wieviele Starter gemeldet sind und dabei werden die Elite-Rennen getrennt gewertet. Damit wird das im Duathlon einfach sehr schwierig.
Aber zurück zum Rennen: Im Favoritenguide wurde eine Niederländerin als Kandidatin auf Gold geführt, welche ich im Vorjahr noch deutlich hinter mir lassen konnte (letztendlich ist sie dann wegen einer Verletzung und Trainingsrückstand nicht gestartet). Auch die anderen Athletinnen waren mir größtenteils bekannt - und natürlich darf man die Leistungsentwicklung von einem Jahr aufs Nächste nicht unterschätzen, aber ich sage mal, ich bin mit einem guten Gefühl am Freitag vor dem Rennen angereist. Läuferisch sollte ich den anderen überlegen sein und am Rad ist es mehr eine Frage der Streckencharakteristik und wieviel ich dort im Vergleich zu den stärksten Radfahrerinnen liegenlassen würde. Das Zeitfahrrad ist auch nicht mein Hauptrad, aber ich habe dennoch die eine oder andere spezifische Einheit darauf absolviert - nicht zuletzt die österreichischen Staatsmeisterschaften auf der Kurzdistanz, welche mich dann bezüglich Radform sehr, sehr optimistisch für die EM gestimmt haben.
Streckenbesichtigung und Briefing stand dann am Samstag am Plan. Der Laufkurs ist flach und schnell, überwiegend Asphalt. Genau abmessen konnte ich ihn nicht, da er noch nicht richtig ausgeschildert war ... aber im Endeffekt eh völlig egal, es ist ja nicht zu ändern. Allzu viel Taktik ist auf der Mitteldistanz auch nicht dabei.
Der Radkurs hat so einige Eigenheiten. Man ist nur wenig auf breiten, zweispurigen Bundesstraßen unterwegs, sondern hauptsächlich auf schmalen, teilweise in Kurven schottrigen Nebenstrecken. Landschaftlich sehr schön, sollten die Radbeine nicht tun wie sie sollen, so kann man auch die vielfältigen Kuhrassen und Pferde beim Grasen beobachten :D
Dänemark ohne Wind gibt es vermutlich auch nie, aber es hat sich eigentlich in Grenzen gehalten - die endgültige Entscheidung für die Laufradkombi mit 808 vorne und Scheibe hinten ist somit auch gefallen.
Die Steigungen sind kurz (4mal pro Runde bissl länger im 2-4min-Bereich), aber doch nicht ganz so gemäßigt wie gedacht. Aber richtig flach ist es auch sonst nie, es geht ständig zumindest leicht bergauf oder leicht bergab und die Strecke ist recht winkelig. Richtig ins Rollen kommt man kaum, zumindest ich nicht. Mir liegt so etwas nicht allzu sehr, da ich sehr gut lange Berge erklettern kann, aber weniger gut hart über kurze Steigungen drüberdrücken. Man muss es aber nehmen, wie es kommt. Ein bisschen speziell geübt habe ich für das Streckenprofil ja doch (man lernt ja über die Jahre ...).
Ein wenig fassungslos war ich dann, als nach ein paar "SLOW"-Schildern dann einfach einmal der Asphalt weg war und durch historisches, sehr grobes und mit Schlaglöchern gespicktes Kopfsteinplaster zu passieren war. Bei Regen eine echte Gefahrenstelle und für einen Patschen auch eine gute Gelegenheit. Da kann man nur hoffen, dass alle gut durchkommen.
Im Grunde war ich aber insgesamt froh, dass es kein flacher, technisch anspruchsloser Radkurs ist, bei dem man die ganze Zeit am Auflieger verbringt - dafür ist meine Sitzposition auch etwas zu radikal und vor allem ungewohnt über 60km ...
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Laufstrecke deutlich einfacher und die Radstrecke gar nicht sooo unähnlich, vielleicht ein wenig winkeliger und technischer, auf schlechteren Straßen jedenfalls, was meiner Erinnerung so hergibt.
Nach Durchsicht der Daten wollte ich auf alle Fälle mehr als 600kcal im Rennen zu mir nehmen (um den Hungerast vom Vorjahr zu vermeiden, Temperaturen dürften ähnlich mit um die 18°C werden - also am Rad für mich eher kühl! - und Wettkampfdauer insgesamt etwas kürzer), bergauf bei den insgesamt 8 Hauptanstiegen zwischen zwei und vier Minuten um die 4W/kg treten. Etwas mehr als im Vorjahr traue ich mir da zu, wobei das Abgleichen dann erst danach erfolgt, im Rennen schaue ich da eigentlich kaum drauf, sondern verlasse mich auf mein Gefühl - ebenso beim Laufen, wo ich auch gar keine Uhr mitnehme.
Fünf Minuten nach den Elite-Herren wurden die Damen am Sonntag um 9:05Uhr ins Rennen geschickt.
Beim ersten Lauf wollte ich mir natürlich einen Puffer herauslaufen, was mir auch mit über 1:40min auf die Verfolgergruppe gut gelungen ist.
Trotzdem hab ich am Rad wie schon zuletzt bei den Staatsmeisterschaften ziemlich sofort einen guten Rhythmus gefunden. Ich war die Einzige im Damenfeld mit der gewagten Laufradkombi mit Scheibe hinten und hatte ein richtig gutes Gefühl, dass mir das hilft (und sei es auch vor allem im Kopf).
Leider musste ich die erste von zwei Radrunden etwas verhaltener angehen - die Streckenposten, so es welche an den Kreuzungen gab, waren teilweise nach dem Elite-Herrenfeld nicht mehr so recht auf weitere Radfahrer eingestellt. Während des Rennens hab ich überhaupt nicht auf Zeit, Distanz oder Leistungswerte geschaut, sondern mir nur den Kurs, den ich mir eigentlich zum Navigieren bei der Streckenbesichtigung auf den Computer geladen habe, anzeigen lassen. So wusste ich, wann Abzweigungen kommen, bei welchen ich dann auch in der Zeitfahrhaltung aufmerksamer nach den Streckentaferln Ausschau halten kann. Auf der Fahrbahn war nämlich nichts aufgezeichnet. An einigen Kreuzungen musste ich wegen Nachrangs erst den Verkehr passieren lassen.
Bei der Wende nach einer Runde hab ich dann gesehen, dass die Verfolger schon nah waren, vor allem auch eine Niederländerin, Marina Van Dijk, die beim Laufen noch mehr Rückstand hatte und eine beachtliche Aufholjagd hinter sich haben musste. Da wurde ich dann doch einigermaßen nervös und bin die zweite Runde deutlich offensiver gefahren. Das ging dann auch sehr gut, da dann schon die Age Grouper auf der Strecke waren und die meisten Kreuzungen dadurch besser, bzw. überhaupt gesichert. Manchmal war es zwar etwas chaotisch beim Überholen, vor allem bei der heiklen Kopfsteinpflasterpassage, aber ansonsten zumeist problemlos, wenn man rechtzeitig auf sich aufmerksam gemacht hat (ich hoffe, niemand hat mein Brüllen als unfreundlich empfunden, es war nur zu Sicherheitszwecken :) )
So konnte ich den Vorsprung auf der zweiten Runde wieder etwas ausbauen und bin mit der zweitbesten Radzeit, mit der ich mehr als zufrieden bin, in die zweite Wechselzone gekommen.
Der Vergleich mit dem Vorjahr erstaunt mich selbst, am Rad hat sich doch Einiges getan und ich bin auch endlich in dieser Disziplin konkurrenzfähig :) Sicherlich hat es nicht nur mit der reinen Leistung, sondern mit der Ökonomie beim Fahren zu tun, wann ich investiere, wie wenig ich bremse, wie gut das Pacing ist. Da lernt man sehr viel, wenn man mit reinen Radfahrern unterwegs ist :)
Diesmal bin ich endlich auch mit beiden Wechseln zufrieden, aber klar, war ja auch auf der längeren Strecke nicht rennentscheidend :D
Auch muskulär hab ich dann gut in den zweiten Lauf hineingefunden, wobei es nach 5km dann doch recht zäh geworden ist. An der Verpflegung (3 Bananen auf 7,5km :D) kann es nicht gelegen haben, vom Hungerast war ich weit entfernt. Aber ich finde, 5km für den zweiten Lauf ist einfach weit genug :D
Trotzdem konnte ich den zweiten Lauf noch schneller als alle anderen beim ersten Lauf waren, absolvieren. Mit nicht ganz vier Minuten Vorsprung auf die Schweizerin Melanie Maurer, dahinter dann Marina (mit Radbestzeit), konnte ich meinen ersten Europameistertitel holen.
Auch die rund 20min Rückstand zum Herrensieger zeigen, dass das Damenfeld zwar nicht groß aufgestellt war, die Zeiten sich aber trotzdem sehen lassen können.
Darüber bin ich natürlich mehr als glücklich und ich hoffe, dass es dann bei meinem Saisonhöhepunkt im Juli - wieder in Dänemark - bei der Duathlon-WM auch so gut klappt!
Gesamtzeit: 3:03:24h
10km Lauf: 34:50min
T1: 31sec
61,4km Rad (eigene Distanzmessung): 1:50:54h (33,2km/h, NP 193W, Nonzero 194W, Average 185W - 3,56W/kg, Frequenz 94, 606Hm - zum Vergleich POWERMAN St. Wendel 2017: 31,8km/h, NP 170W, Nonzero 168W, Average 165W - 3,17W/kg, Frequenz 92 bei rund 130Hm mehr)
Anstiege um die 225W - also 4,3W/kg
T2: 45sec
10km Lauf: 36:24min
Gesamtrang: 1. - EM GOLD - zum ersten Mal Europameisterin :)
Alle Ergebnisse gibts auf European Triathlon Union.