POWERMAN Austria / Weyer mit ÖSTM Langdistanz Duathlon
Die Freude auf den Bewerb war groß, der Respekt aber ebenso. Ein richtig gutes Rennen hatte ich in Weyer bisher nie, dafür war die Erwartungshaltung an mich umso größer - immerhin bin ich als amtierende Weltmeisterin der Standard-Distanz angereist.
In den Wochen davor habe ich mich vom Rennrad auf das Zeitfahrrad umgewöhnt und bin auch einige wenige - für mich - lange Einheiten mit knappen hundert Kilometern am Rad gefahren. Ich war bestimmt noch nie so gut auf Weyer vorbereitet, wie diesmal, aber das ist auch nötig, um ganz vorne mitzuspielen.
Ich mag diesen POWERMAN sehr, da die Stimmung im Heimatland und insbesondere bei diesem Bewerb wirklich toll ist und selbst bei wirklich schlechtem Rennverlauf war ich im Nachhinein immer froh, es doch noch ins Ziel geschafft zu haben.
Es war eigentlich immer, wenn ich gestartet bin, ziemlich warm bis heiß und sehr schwül - das liegt mir überhaupt nicht. Zudem ist die Radstrecke einfach wirklich sehr lange und das am eher schweren und nicht so gewohnten Zeitfahrer ist schon eine Herausforderung - aber natürlich nicht nur für mich :)
Das Pacing am Rad wollte ich eher - genauso wie beim Laufen ohne Uhr - dem Gefühl überlassen. Trotzdem habe ich mir als Anhaltspunkte und auch als Bestätigung für die Entwicklung die POWERMAN-Raddaten der vergangenen Jahre - seitdem ich mit Computer + Wattmessung unterwegs bin - angesehen und verglichen.
• Weyer 2014 mit RR (Drafting, Standard-Distanz-EM), „neue“ Strecke (14km-Runde 3mal) 42km, Anstiege 170-180W
• Weyer 2015 mit TT, „neue“ Strecke (14km-Runde 4mal) 56km, Anstiege 160-170W
• Weyer 2016 mit TT, „neue“ Strecke (14km-Runde 4mal) 56km, Anstiege 170-175W (Avg 163W, Nonzero 165)
• EM Mitteldistanz St. Wendel 2017 mit TT, 64km, Anstiege 180-190W (Avg 165W, Nonzero 168) - BRONZE
• EM Mitteldistanz Vejle 2018 mit TT, 62km, Anstiege 200-220W (Avg 185W, Nonzero 194) – GOLD
Für Weyer 2018 mit TT, „alte“ Strecke (ähnlich zu Streckenvariationen bis 2013), 76km, habe ich mir also erwartet, ähnliche Leistungen wie im Frühjahr beim EM-Titel abrufen zu können, evtl. aufgrund von Dauer und Streckenprofil bis zu max. 10% weniger.
Natürlich wollte ich gewinnen. Auf die Laufleistung kann ich durchaus setzen, sofern ich nach dem Radfahren keine Probleme bekomme. Die eine oder andere Minute kann ich also auch auf dem Rad auf die Konkurrenz verlieren. Im Frühjahr war ich eher überrascht, wie wenig ich auf exzellente Radfahrerinnen am Radsplit verloren habe, was ich auch dem gelungenen Pacing und der recht forcierten zweiten Rennhälfte zu verdanken habe. Ich brauche einfach den Druck von hinten :)
Ich wäre damit wohl die zweite Österreicherin nach Victoria Schenk (2016), welche auf heimischem Boden den POWERMAN gewinnt. Zudem bedeutete dies auch meinen ersten Staatsmeistertitel über die Duathlon-Langdistanz - eine Medaille, welche mir nach fünf Standard-Distanz-Titeln in Folge noch in der Sammlung fehlt.
Leider waren die Vorbedingungen für den Bewerb nicht ganz so ideal. Aufgrund einiger privater Troubles (Stefan ist auf der Dienstreise nach Kanada in Toronto hängengeblieben und hat zunächst keinen Heimflug bekommen ... :( ) konnte ich in den Tagen davor nur wenig schlafen und war dann am Vortag so frustig, dass ich nicht recht wusste, ob ich überhaupt Energie genug für einen Start habe.
Auf der anderen Seite ist Weyer nur einmal im Jahr und man kommt immer wieder, weil sich der Veranstalter wirklich allergrößte Mühe gibt, ein geniales Event auf die Beine zu stellen.
Diesmal wurde ich auch besonders herzlich als Weltmeisterin empfangen, im eigenen Land dafür gewürdigt zu werden ist doch etwas speziell Schönes!
Nach dem Start ist Victoria Schenk, die größte Konkurrentun, dann gleich ein sehr hohes Lauftempo angegangen und ich konnte mich eine halbe von drei Laufrunden ganz gut in ihrem Windschatten verstecken. Erst am Rückweg zum Stadtzentrum, überwiegend leicht bergab, hab ich mich dann abgesetzt. Allerdings war es nicht so einfach, Runde um Runde auf die Verfolgerinnen einige Sekunden bis Minuten herauszulaufen, da ich mich insgesamt, vor allem mental, nicht wirklich frisch gefühlt habe.
Trotzdem - jedesmal nach dem Durchlauf des Stadtzentrums hat man einen richtigen Energieschub bekommen, das war genial.
Schließlich bin ich nur mit etwas mehr als einer Minute Vorsprung aufs Rad gestiegen. So genau wusste ich das zu dem Zeitpunkt auch gar nicht, da mir niemand genaue Infos geben konnte. Stefan ist auch erst gerade rechtzeitig zur zweiten Radrunde gekommen und konnte mir ab dann die Zeitabstände zurufen.
Meine Befürchtung war, zu früh am Rad überholt zu werden und das dann beim abschließenden Lauf nicht mehr aufholen zu können. Das Pacing der ersten Radrunde war deshalb und angesichts meiner Tagesverfassung und der Hitze einfach viel zu ambitioniert. Schon vor Rennhälfte musste ich einsehen, dass ich das nicht werde halten können. Die zwei größeren Steigungen auf der Strecke machen mir gar nicht so viel aus, aber die kleinen Gegenanstiege auf den letzten 10km jeder Radrunde liegen mir einfach so überhaupt nicht. Da habe ich viele Körner gelassen.
Der Vergleich der Leistungsdaten zwischen erster und zweiter Radrunde ist geradezu erschreckend. Nur gut, dass ich das im Rennen selbst gar nicht so mitbekommen und beachtet habe. Die Geschwindigkeitsdifferenz ist in Relation dazu gar nicht so dramatisch, und insgesamt bin ich mit der Radzeit extrem zufrieden, wenngleich die Leistungsdaten nicht besonders gut sind - insbesondere im Vergleich mit der Europameisterschaft über die Mitteldistanz im Frühjahr. Da hatte ich allerdings auch ein perfektes Pacing bei für mich perfekten Temperaturen.
Wenn man sich die Beine beim Radfahren so herrichtet und da schon immer wieder Krampfansätze hat, dann darf man vom abschließenden Lauf nicht mehr viel erwarten. Begonnen hat das Elend schon beim Schuheanziehen, mehrere Anläufe habe ich gebraucht, um keinen stärkeren Krampf zu riskieren. Das Loslaufen war dann wenig motivierend, aber ich hab dann doch nach 500-1000m ganz gut hineingefunden. Schnell ging es halt wirklich nicht mehr, was aber glücklicherweise auch nicht notwenig war - die anderen Mädls (und auch Herren) haben augenscheinlich noch mehr gelitten.
Vielleicht verdrängt man so Einiges in der Erinnerung, aber subjektiv war das eines der härtesten Rennen überhaupt. Ab der Hälfte ein einziger K(r)ampf, aber doch dann die Motivation durch die Führung und den Willen, endlich auch einmal in Weyer zu gewinnen!
Deshalb bin ich schlussendlich natürlich überglücklich, das ins Ziel gebracht zu haben, insbesondere, weil es mir überhaupt nicht leicht gefallen ist.
Wie zerstört ich war, zeigt auch, dass ich bei der anschließenden Dopingkontrolle nochmal zweimal wegen Krampf in der hinteren Oberschenkelmuskulatur aufspringen musste. Auch das Auslaufen wäre undenkbar gewesen. Den Kreislauf gerettet hat mir nur das Bad im kühlen Stadtbrunnen direkt im Zielgelände (einfach genial) :)
Das Motto des POWERMAN Austria "hart aber herzlich" würde ich absolut unterschreiben, eher sogar "härtest aber herzlichst" :)
Aus heutiger Sicht muss ich sagen, so schnell brauche ich das nicht mehr. Trotzdem wünsche ich mir von Herzen, dass es auch 2019 eine Neuauflage des einzigen POWERMANs in Österreich geben wird - wenngleich die Finanzierung noch nicht gesichert ist.
Dass der Bewerb ausverkauft und auch international mehr als top besetzt war, stimmt mich auch insgesamt für die Entwicklung des Duathlons in Österreich sehr positiv :)
Fotos gibts aufgrund oben genannter Reisetroubles nicht wirklich - aber dafür ein wie gewohnt tolles Video von AustriathlonTV:
Gesamtzeit: 3:37:59h
10km Lauf (laut anderen eher 10,3km): 37:15min (ca. 3:36min/km, 17sec/km langsamer als der Herrensieger)
T1: 33sec (passt :) )
76km (75,2km nach meinem Computer, 935Hm) Rad : 2:17:38h (32,8km/h, Avg 168W - 90,8% von der EM-Leistung, Nonzero 174W - 89,7% von der EM-Leistung, 94U/min, allerdings großer Rundenunterschied Avg 180 vs 157W, Nonzero 186 vs. 162W - voll eingegangen :( Anstiege zunächst wie bei der EM in 200-220W, aber auf der zweiten Runde nur mehr um die 180W, 33,5 vs 32,1km/h ... gute 21min langsamer als der Herrensieger) STRAVA-Link
T2: 54sec (Krämpfe, Krämpfe und ... hab ich Krämpfe schon erwähnt :D)
10,(3)km Lauf: 41:38min (ca. 4:02min/km, also viel mehr muss man dazu nicht sagen ... ein Kampf. Trotzdem nur 22sec/km langsamer als der Herrensieger)
Platzierung gesamt: 1., ÖSTM GOLD
Alle Ergebnisse gibts auf Pentek Timing.