Beispiele Laufschuhmodelle
Seit einiger Zeit werden die Sohlenaufbauten der Laufschuhe deutlich höher (bis zum bei Wettkämpfen vorgeschriebenen Maximum von 40mm oder sogar darüber hinaus), mit - bei den teuersten Modellen - reaktivem Dämpfungsschaum. Solch hohe Sohlendicke erfordert dann eine stabilisierende (Carbon-)Platte, um den Schuh überhaupt laufbar zu machen. Ich habe dazu bereits einen Artikel über Carbonschuhe mit reaktiver Dämpfung verfasst.
Jedoch ist es sehr wichtig für den Fuß, auch in minimalistischen Schuhen trainiert zu werden. Die Dosis dabei ist abhängig vom individuellen Trainingszustandes des Fußes in Relation zur Gesamtfitness. Die meisten Läufer haben einen "untertrainierten" Fuß und verschenken damit einen Teil ihres "Laufmotors". Darüber hinaus ist der Fuß eigentlich als sehr leistungsfähiges Dämpfungselement für unseren Körper vorgesehen - funktioniert er nicht bestimmungsgemäß (und das trifft für die überwiegende Mehrheit der Läufer zu, weil man sich an die weiche Schuhdämpfung einfach schnell gewöhnt und der Mensch ein Energiesparmeister ist ...), so werden die Stöße in der Gelenkskette weiter nach oben geleitet - nicht selten sind etwa Knieschmerzen die Folge.
So manche Instabilität im Rückfuß (Überpronation) bessert sich deutlich, sobald der Fuß flacher über dem Boden steht und mehr an seine Funktion erinnert wird (man muss das aber individuell überprüfen, manche brauchen dafür Anleitung, bei anderen funktioniert es von selbst).
Die Vorfußtorsion (eingeleitet durch den M. peroneus longus) wird in einem biege- und torsionsflexiblen Schuh auch eher erlernt werden und weniger verlorengehen, als wenn der Fuß starr auf einer Carbonplatte steht. Die ausgewogene Vorfußbelastung ist allerdings wichtig im Sinne eines stabilen Fundamentes der Laufbewegung.
Auch die Schrittfrequenz und der (flache) Fußauftritt können sich dadurch bessern, vor allem für Letzteres braucht es meist Anleitung.
Neben der individuellen (!) Lauftechnik-Checkliste bei einem Lauftechniktraining können minimalistische Schuhe den Trainingszustand des Fußes verbessern helfen - vor allem liefern sie wesentlich mehr Feedback als hohe Sohlen.
Bis vor ein paar Jahren waren diese Schuhe einfach zu bekommen, man hat sich einfach ein Paar leichte und flache Wettkampfschuhe besorgt.
Inzwischen aber haben fast alle Laufschuh-Hersteller ihre Produktpalette angepasst und all ihren Wettkampfschuhen eine hohe Sohle verpasst - die früheren Modelle sind einfach nicht mehr zu bekommen.
Beispiel: Adidas Takumi 7 vs. 8 - beide Schuhe laufe ich sehr gerne, aber sie haben nichts mehr gemeinsam außer ihrem Namen. Der Takumi 8 bietet (im Bild oben) jedenfalls einen für mich guten Kompromiss, wenn man sich sonst in den Carbonschuhen nicht so wohlfühlt - mit 33m Höhe sind sie für mich bei winkeligen (Duathlon-)Kursen noch ganz gut laufbar.
Man kann noch im Fundus gut sortierter Laufgeschäfte und Internethändler fündig werden, wenn man noch ein "altes" Modell wie den Takumi 7 (im Bild unten) sucht. Aber was tun, wenn man sich bei aktuellen Modellen umschauen muss?
Es lohnt sich ein Blick zu den "Barfußschuhen" (Klassiker wie Vivobarefoot, Merrell, FiveFingers). Hier halten manche Hersteller das Versprechen der geringen Sprengung (Unterschied Sohlendicke Fersenbereich zu Vorfußbereich) von 0-4mm und die geringe Dämpfung auch nicht immer (vergleiche etwa den bekannten Nike Free mit dicker Dämpfungssohle!), aber zumindest sollten diese Schuhe frei von steifen Platten und besonders beweglich sein. Eine optisch dünne Sohle ist schonmal ein guter Indikator.
Hier stellt sich auch die Frage, ob es immer explizit ein Laufschuh sein muss - jeglicher Sportschuh mit dünnem Sohlenaufbau, guter Flexibilität und entsprechender Passform käme hier in Frage.
Besonders wichtig ist ein flacher Sohlenaufbau im schwierigen Gelände - hier muss man ein gewisses Gefühl für den Untergrund behalten, ansonsten steigt die Gefahr des Überknöchelns extrem.
Wer auf der Laufbahn oder Cross läuft, kann sich auch bei den (Langstrecken-)Spike-Schuhen umsehen - auch diese sind in der Höhe inzwischen reglementiert.
Kurze Barfußstrecken können eine gute Ergänzung sein, aber die meisten Läufer (inklusive mir) bevorzugen dann doch etwas Schutz vor Steinchen, Glassplittern und Nässe.
In jedem Fall ist eine sehr vorsichtige Steigerung der Dosis der Nutzung von minimalistischen Schuhen nötig - abhängig davon, was man schon gewohnt ist. Ist der Umstieg groß, bietet sich eine erste Distanz von 2-3km an (zb auch beim Umstieg auf Spikes), ist der Umstieg weniger groß, so funktioniert ein erster Schuhtest mit rund 5km auch schon meist problemlos. Abhängig vom möglichen Muskelkater am nächsten Tag wartet man mit der Steigerung der Distanz dann kürzer oder länger.
Ich selbst laufe den überwiegenden Anteil meiner Wochenkilometer in minimalistischen Laufschuhen (Straßenmodelle, Spikes, minimalistische Geländeschuhe), um hier immer gut im Training zu sein. Zu den Wettkämpfen hin nutze ich rund 1mal/Woche dann den Wettkampfschuh, um mich gut daran zu gewöhnen.
Trainingsschuhe mit mehr Dämpfung sind als eine Art "Backup" zu sehen, wenn man einen längeren Lauf macht und damit rechnet, dass der Fuß noch nicht fit genug ist, um den korrekten Dämpfungsmechanismus auch gegen Ende noch aufrechtzuerhalten. Idealerweise läuft man so einen Schuh trotzdem genauso sauber, als wäre er "minimalistisch" gebaut. Das zu erlernen ist aber eben leichter in minimalistischen Sohlen, weil man hier auch das entsprechende Feedback bekommt. Vorteil: Schuh und (!) Körper halten dann der Belastung deutlich länger stand.
Für eine Pronationsstütze gilt Ähnliches. Wir haben alle Muskeln im Körper, die Instabilität verhindern können, sofern sie dafür gut trainiert sind. Bin ich in dem Bereich noch nicht fit genug, so ist eine Stütze ein gutes Backup, ersetzt aber keinesfalls das Training der (noch zu schwachen) Muskulatur. Ich habe beispielsweise als Überpronierer zu Laufen begonnen, nach dem Training meiner Beinachse ist davon praktisch nichts mehr übrig.
Für lange Belastungen wie einen Marathon würde ich jedenfalls einen Schuh mit entsprechender "Backupfunktion" wählen, also ein Paar, dessen Dämpfung noch nicht durch Alterung und Nutzung hart geworden ist. Denn wer weiß schon im Vorhinein, was auf den letzten Metern passiert.