Zwischen Frust und Aufbruchsstimmung - ist eine Steigerung noch möglich?

Seit der Hallen-Staatsmeisterschaft war von mir kein Lebenszeichen zu hören und das hatte leider nichts mit "Geheim-Trainings" zu tun. Nein, entgegen gewisser Anfragen gab es auch keinen ursächlichen Zusammenhang mit den Geschehnissen der aktuellen Blutbeutel-Affaire (aber die NADA ist mehr oder weniger regelmäßig bei mir zu Besuch).
Ich war schlichtweg gesundheitlich ziemlich angeschlagen. Direkt nach den beiden Rennen über 3000m und 1500m, bei denen die Lunge in der schlechten Luft des Dusika-Stadions etwas gelitten hatte, erwischte mich ein heftiger Infekt, der sich zu irgendetwas zwischen Bronchitis und Lungenentzündung entwickelt hatte.

So etwas kann man in der Vorbereitung auf die (frühe) WM natürlich überhaupt nicht gebrauchen. Der echte Trainingsausfall mit rund einer Woche ist noch zu verschmerzen (mein Immunsystem ist da ziemlich schnell), aber danach war erstmal nur lockere Intensität möglich, um den Körper an die Belastungen zu gewöhnen. Insgesamt kostete es mich gute zwei bis zweieinhalb Wochen, bis dahin hatte der Körper (oder auch der Kopf) bei jeglicher höherer Intensität einfach "abgeriegelt". Dieser Mechanismus ist einerseits unglaublich frustrierend, wenn man mal locker überall 10sec/km eingebüßt hat (das klingt vielleicht für den einen oder anderen nach nicht viel, entscheidet im Rennen aber darüber, ob man in der Führungsgruppe oder in der zweiten Verfolgergruppe landet ...), andererseits bewahrt er mich auch davor, mit Eiter in der Lunge so zu belasten, dass vielleicht weitere Organe, wie auch das Herz, Schaden nehmen könnten.

Inzwischen bin ich wieder auf nahezu meinem normalen Level angekommen - es fehlen noch um die 3sec/km bei hochintensiven Trainings (GARMIN-Link), das entspricht einer halben Minute auf 10km - nach so einem heftigen Infekt ist das absolut im Rahmen (wenn man es rational betrachtet). Außerdem ist diese Differenz auch nur "fiktiv", geht es ja um die geplanten Leistungen und nicht um bereits gelaufene Trainings.
Emotional ist es natürlich nicht ganz so einfach. Jede Verletzung, jede Verkühlung die einen im Trainingsaufbau zurückwirft, tut weh. Man opfert doch sehr viel für den Sport und wenn es dann aufgeht, ist das sehr motivierend und macht einfach Spaß. Wenn aber nicht, kommt unweigerlich irgendwann die Sinnfrage - ob man nicht vielleicht seine Zeit anderen Aufgaben, die einen schlussendlich mehr erfüllen, widmen sollte.
Ich konnte im Frühjahr und Sommer des letzten Jahres meinen Sport auf extrem hohen Niveau betreiben. Nach einem ebenso durchwachsenen Winter (Sprunggelenksverletzung bei einem Radunfall) konnte ich eigentlich von März bis September überwiegend hervorragende Ergebnisse erzielen, Bestzeiten im Training wie im Wettkampf erreichen. Man gewöhnt sich schnell an dieses Gefühl und möchte schließlich noch mehr, noch besser werden, noch strukturierter trainieren, weitere Bestzeiten erlaufen.
Ab Ende September wurde es dann ziemlich zäh bei mir. Einerseits waren die Trainingsschwerpunkte nach der WM rückblickend betrachtet wahrscheinlich nicht ganz ideal (zu wenige Tempoeinheiten haben die Form instabil werden lassen), aber meine Gesundheit, konkret meine Lunge hat "Dank" Pollenbelastung und vielleicht auch etwas Ermüdung nach der langen Saison nicht mehr ganz so mitgespielt (allergisches Asthma hat sich vermehrt gezeigt).
Bei der EM war ich dann nicht mehr ganz am Peak (was aber sicherlich hauptsächlich auf den Trainingsaufbau zurückzuführen war).

Jetzt wird es etwas persönlicher und ich schreibe zu dem Thema aus mehreren Gründen. Zum Einen gibt es leider Sportler, die unerlaubte Substanzen nutzen oder auch Medikamentenmissbrauch betreiben (Einnahme von erlaubten Substanzen, aber ohne medizinischen Grund), zum Anderen gibt ja auch praktisch niemand etwas zu, was nicht direkt "nachgewiesen" werden konnte.
Ich weiß aber auch, dass ich mit dem Thema "Allergie+Lunge" nicht alleine dastehe und das auch gar nichts mit dem Sport zu tun haben muss (aber kann, denn durch die intensivierte Atmung kommen natürlich auch reizende Faktoren vermehrt zu den Bronchien).

Über die letzten Jahre hatte ich mit Pollenallergie (die mich je nach Witterung oft zwischen Februar und November betrifft) und der Lunge eigentlich sehr wenig Probleme. Mit einem Asthmaspray (gedacht je nach Dosierung für 1-3 Monate) kam ich gut über Jahre (!) hinweg aus (Glück gehabt).
Ich kann auch versichern - wenn die Bronchien gerade nicht gereizt sind, ist es völlig egal, ob man ein Medikament nutzt oder nicht. Ursächlich für deren Empfindlichkeit gegenüber Allergenen war eigentlich, dass ich als Jugendliche über Jahre die Pollenallergie nicht entsprechend behandelt hatte.
Die Lunge wurde über die letzten Jahre (vielleicht sogar Dank Sport?) deutlich besser, aber vor Rückschlägen ist man nicht gefeit. Mein Plan, gänzlich von deren Behandlung wegzukommen, ist schlussendlich letzten Spätsommer gescheitert.
Wer einmal auf der Couch liegt und keine Luft mehr bekommt, überlegt sich jedenfalls, ob es ethisch vertretbar ist, auf Sportler hinzuhacken, welche diese Überreaktion des Immunsystems zu unterbinden versuchen ...

Trotzdem spießt sich das Thema völlig mit meiner eigenen Körperwahrnehmung. Wenn man die Form seines Lebens hat, sieht man sich selbst als wirklich gesunden, über die Maßen leistungsfähigen Sportler. Da passt jegliche Medikamenteneinnahme überhaupt nicht ins Bild (in meines zumindest nicht) und man möchte das ja auch keinesfalls vorleben! Man fürchtet, dass es missverstanden werden könnte, Hochleistungssport wäre nur mit "Mittelchen" möglich. 
Dass diese hohen Belastungen sicherlich nicht das gesündeste Lebensmodell darstellen, ist mir bewusst, aber ich möchte dennoch so gut es irgendwie möglich ist auf meinen Körper aufpassen - man hat nur diesen einen und muss damit bis an sein Lebensende zurecht kommen. Dazu gehört eben vielfältige, hauptsächlich biologische Ernährung, viel Schlaf, ausreichendes (Wasser-)Trinken und auch der weitesgehende Verzicht auf irgendwelche Medikamente.

Ich kann (ein wenig) stolz von mir behaupten, dass ich den WM-Titel ohne jeglichen Einsatz von Schmerzmitteln erreicht habe (wer jemals den Vergleich zwischen der enormen Endorphin-Ausschüttung bei einem Rennen, wo alles aufgeht, und dem Einsatz einer banalen Schmerztablette erlebt hat, weiß, dass es zumindest bei Ein-Tages-Events wirklich nix bringt).
Trotzdem, manchmal ist es unumgänglich, auch als Sportler einmal zu Medikamenten zu greifen. Im Idealfall ist das deutlich seltener der Fall, als bei der Durchschnittsbevölkerung.
Mein Aufruf an junge Nachwuchssportler wäre: Es gibt keine Abkürzungen am Weg nach oben und wenn, dann sind sie höchst riskant und können einen ganz ordentlich ins Unglück stürzen. Man muss auch nicht mit Mitte Zwanzig am absoluten Leistungspeak sein - man kann dem Körper getrost Zeit geben und mit 30 oder deutlich darüber noch neue Spitzenwerte erreichen.
Hinterfragt Medikamente, besonders, wenn sie nur Symptome einer Verletzung oder Erkältung unterdrücken, das kann viel mehr kaputt machen, als man glaubt.
Aber wenn es nach dem aktuellen Wissensstand Sinn macht, so sollen auch Sportler in Absprache mit dem Arzt Krankheiten mit Medikamenten behandeln dürfen.
Hilfreich in diesem Zusammenhang ist immer die NADA Medikamentenabfrage.

Bei der Verkühlung jetzt hat mir ohnehin nur das Im-Bett-Bleiben und der Einsatz eines Inhalationsgeräts (mit Salzlösung) geholfen und meiner Lunge geht es inzwischen wieder zu 95% gut. Überhaupt ist das kühlere Winterwetter eher "meins", zumindest weit mehr als Hitze.

In den letzten beiden Wochen fürchtete ich, dass die erste Saisonhälfte damit gelaufen sein wird, der Leistungsverlust war zunächst enorm.
Mein Glück (eigentlich Verdienst) ist aber, dass ich ganzjährig gut im Training bin, ohne große Pausen. Natürlich ändert sich die Periodisierung, aber gänzlich außer Form bin ich eigentlich nur bei gesundheitlichen Problemen.
Die Planung, der Trainingsaufbau war aus meiner Sicht gut und sinnvoll - bis eben auf das Unplanbare. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass ich bald wieder auf meinem erhofften Niveau sein werde.
Man muss natürlich auch realistisch bleiben - mein Trainingsansatz sieht vor, dass ich meine Bestzeiten vor allem auf 5km bis zum Halbmarathon noch verbessern werde. Wenn man aber in seiner Disziplin, dem Duathlon, schon an der Weltspitze angekommen ist, sind Steigerungen, wenn überhaupt, wohl nur mehr in sehr kleinen Schritten möglich. Alles andere wäre auch wirklich sehr überraschend, zumindest, wenn ich nicht wirklich komplett auf reinen Laufsport umstelle.
Dennoch - auch das Level zu halten, ist schon ein ordentliches Stück Arbeit. Die letzten paar Prozent Leistungsreserven aus einem herauszukitzeln erfordert einen sehr guten und überwiegend störungsfreien Aufbau und vor allem auch mental vollen Fokus und Durchhaltevermögen. Dieses wurde seit letzten Spätsommer immer wieder auf eine harte Probe gestellt, Lungenprobleme, zurück gekämpft, verkühlt, zurück gekämpft, heftig verkühlt mit größerem Trainingsausfall, am Weg des Zurückkämpfens. Irgendwann wünscht man sich eben, dass es wieder etwas linearer voran geht. Aber wer möchte das nicht :)

Und so oft, wenn man sich die Sinnfrage stellt, erinnert man sich auch an die grandiosen Unterstützer - und spätestens das motiviert dann auch wirklich!
Dafür möchte ich mich allerherzlichst bedanken und zwar bei jenen,
•  die mich nach der WM durch großartige Anteilnahme (mehr als durch alle Medien zusammen :D) und durch den Buchkauf auch finanziell unterstützt haben, mir vielleicht sogar nette Bewertungen geschrieben haben (jede davon hilft, das Buch und den Duathlon bekannter zu machen, entschuldigt bitte, dass ich mich wiederhole … seht es als meine Variante des "Crowdfundings" anstelle anderer Plattformen),
•  sowie dem ÖTRV, Sportland NÖ, Innsbruck Tourismus und der Union St. Pölten Leichtathletik, welche mich bei den Trainingslagerkosten unterstützen, bei Adidas für das Materialsponsoring, dem Happyland Klosterneuburg durch Zurverfügungstellung der Trainingsstätte und nicht zuletzt bei meiner Physiotherapeutin Kati Straka für ihre regelmäßige Behandlungen.
Es ist schön, das alles noch mal aufgelistet zu sehen, da man dadurch als Sportler natürlich auch eine gewisse Wertschätzung erfährt!

Nicht zu vergessen sind auch meine Kunden in der Bewegungsanalyse. Ich lebe nicht von Preisgeldern und Sponsoring - das deckt gerade einmal einen Teil der Aufwendungen, ich lebe von meiner selbstständigen Tätigkeit. Vor meiner Leistungssportkarriere habe ich dazu mein Studium abgeschlossen und mich über die letzten Jahre zu einer Expertin in meinem Bereich entwickelt. Auch, wenn ich keine Ärztin bin, konnte ich schon häufig „ausdiagnostizierten“ und „austherapierten“ Sportlern bei Laufverletzungen schlussendlich weiterhelfen, anderen wiederum zu neuen Bestzeiten durch einen ökonomischeren Laufstil verhelfen. Das freut mich dann ganz besonders.

Auch, wenn man sich immer mehr und immer schnellere Zeiten wünscht, so lohnt sich ein Blick auf das bereits Geschaffte (und das gilt wirklich nicht nur im Sport!)
Erfolg fällt einem nicht in den Schoß, sonst wäre dieser auch gar nicht so viel wert. Ich selbst habe für meinen viel getan und darauf bin ich stolz.
Ich habe meiner Ausbildung den Vorzug gegeben und kann jetzt als Leistungssportlerin meinen Lebensunterhalt bestreiten, ohne auf die Österreichische Sporthilfe, deren aktuelle Kriterien eine Förderung im Duathlon unmöglich machen, angewiesen zu sein.
Dadurch bin ich zwar inzwischen nicht mehr in einem Alter, wo man sich große Steigerungen erwartet, aber wer weiß, vielleicht stimmt diese Rechnung auch nicht.
Ein guter Aufbau braucht jahre- bis jahrzehntelange Kontinuität und da stehe ich mehr mittendrin als am Ende.

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