Höhentraining im Run2Gether-Camp in Kiambogo/Kenia

Die Vorzeichen für einen Höhenaufenthalt in Afrika waren in diesem Winter bedeutend besser als im Vorjahr. Während daheim in meiner Trainingsgruppe praktisch täglich jemand positiv auf Omikron getestet wurde, hatten wir in Kenia davon unsere Ruhe.
Nach zwei Entlastungsmonaten Ende 2021 bin ich seit Jahresbeginn wieder voll im Training. Ich mache etwa 10% weniger Umfang als in vergangenen Vorbereitungsphasen, denn ich habe gemerkt, wie mir die Pandemie mein vegetatives Nervensystem nahezu "zerschossen" hat und habe inzwischen sehr gute Möglichkeiten gefunden, damit umzugehen. Die Trainingsleistungen zu Hause (Pace bzw. Watt bei Qualitätseinheiten) sind ident mit meinen besten Zeiten (ich vergleiche auch aktuell nicht mit dem Vorjahr, sondern mit meinem erfolgreichsten Jahr 2018 - danach habe ich den Umfang sogar noch erhöht, insbesondere im ersten Pandemiejahr 2020 - genutzt hat es mir aber überhaupt nicht). Ich orientiere mich also daran, was für MICH funktioniert, und aktuell funktioniert es sehr gut.
Die drei Höhentrainings 2021 haben mir eine gute Basis beschert, auf der ich aufbauen kann. Der Aufenthalt im Run2Gether-Camp in Kenia war mein Vierter und insgesamt mein zwölftes (!) Höhentraining. Da profitiere ich von zwei Wochen mit knapper Rückkehr zu den Staatsmeisterschaften in der Halle sehr gut.
Ich kann fast von Beginn weg gut trainieren, weil mein Körper das gut kennt.
Die Trainingsleistungen im Intensitätsbereich in der Höhe waren sehr gut, absolut vergleichbar mit 2018 und 2021. Im Vorjahr hatte ich nur das Pech, dass ich dann im März nach dem Höhentraining irgendwie "krank" war, unklar aber, was es genau war. Nachdem es sich über Wochen gezogen hat, vermute ich, dass eine frühere Borreliose-Erkrankung durch die Schwächung des Immunsystems (Stichwort "Belastung durch die Pandemiesituation") aufgepoppt ist. Wenn es dieses Frühjahr besser läuft, kann ich mehr als zufrieden sein.

Insgesamt war es subjektiv mein schönster Aufenthalt in Kenia. Durch die fast täglichen Regenfälle war es sehr grün, angenehme Temperaturen und ich war im Gegensatz zu so manch früheren Trainingsphasen auch nicht ständig im "Zombie-Modus" unterwegs und fühlte mich frisch für die Qualitätseinheiten. Auch mental bin ich gut erholt und bereit für die Wettkampfsaison!
Erfreulich fand ich auch, dass Jahr für Jahr etwas sorgsamer mit den Eseln umgegangen wird (sogar einen Hufschmied hab ich bei einer Laufrunde gesehen!), nur das Anpflocken an den Beinen beim Weiden ist für Tierfreunde etwas hart anzusehen.
Ein absolutes Highlight war der Ausflug zum Lake Naivasha für mich - vor Jahren haben wir die Bootsfahrt mit Anreise im Jeep schonmal gemacht, diesmal aber mit den Rädern. Der Aufenthalt zu Fuß oder eben mit dem MTB im Nationalpark lohnt sich extrem - die Zebras lassen einen auf 1m Distanz ganz entspannt heran und auch die Gnus und Antilopen sind eher wenig scheu - obwohl sie frei leben und nicht gefüttert werden (die Vegetation in Seenähe ist ohnehin grün genug).

Meine Planung mit Schlüsseleinheiten:
1. Tag: VM Lockerer Gewöhnungslauf, NM Lockere Radfahrt
2. Tag: VM improvisiertes Krafttraining (Langhantel und viel Mobilisieren) mit Auf-/Abwärmen laufend, NM Radintervalle 10mal 30sec bergauf (322W) + 1min Tempo (=10mal 1:30min mit 216W), Startzeit 3min mit Abfahrt dazwischen
3. Tag: Bahntraining (Naturboden) 8mal (800m (2:47,7min - 3:29min/km, Puls 89%) + 200m locker, Startzeit 5min, alternierend mit 200m (36,1sec) + 200m locker, Startzeit 2min) (=11,2km mit Blocktempo 5min/km) - 800er ca. 15sec/km langsamer als in der Ebene, Radanreise
4. Tag: Langer Lauf 20,6km eher flacher, leicht progressiv (in der Ebene <4:55min/km Schnitt)
5. Tag: Längere und anspruchsvollere Radausfahrt
6. Tag: VM Kraft, NM Lockere Radausfahrt
7. Tag: Tempointervalle auf der Bahn (Naturboden), 2mal 4000m (3:55min/km, Puls 88%) - etwa 20-25sec langsamer als mein "Schwellentempo" in der Ebene (maximale Stundenleistung), ähnlicher Puls (passt also gut), Radanreise
8. Tag: Mittellanger Hügellauf
9. Tag: VM Kraft, NM Radintervalle 10mal 2min bergauf und ins Flache reinbeschleunigen (220W) + 2min Tempo lockere Abfahrt
10. Tag: VM 2. Mal schnelle Bahnintervalle (Naturboden) 5mal (1200m (4:19,3min - 3:36min/km) + 400m locker, Startzeit 7min, alternierend mit 400m (1:21,7min) + 200m locker, Startzeit 3min) (=11km mit Blocktempo 4:32min/km) - 1200er ca. 18sec/km langsamer als in der Ebene, Radanreise, NM "Orientierungslauf" im Run2Gether-Camp
11. Tag: Langer Lauf 24,3km eher flacher (in der Ebene <4:45min/km Schnitt)
12. Tag: Safari Lake Naivasha mit Radanreise (Beginn der Taperwoche)
13. Tag: VM Rad 10min 30/30sec On-Off leicht bergauf (173W) - mit NM getauscht wegen Gewitter, NM Kraft - eher Mobilisieren
14. Tag: 10mal 200m (36,3sec) + 200m Trab ohne Startzeit (durchgelaufen, <4:45min/km meist auf Bahn 2), Radanreise

Streckentipps/Trainings Laufen auf GARMIN zum Durchklicken und Radeinheiten auf meinem STRAVA-Profil.

Was mir hinsichtlich Erholung sehr hilft, ist, auf zweite Trainingseinheiten an einem Tag eher zu verzichten. Die Kombination mit Kraft am Vormittag und Rad am Nachmittag funktioniert für mich (auch zu Hause) sehr gut, auch kurze, schnelle Läufe lassen sich gut umsetzen, aber die lockeren Läufe, die ich in früheren Jahren gerne zur Umfangsteigerung noch als 2. Training eingeplant habe, haben sich für mich subjektiv eher als "störend" herausgestellt. Das führt zu insgesamt eher "überschaubaren" Gesamtumfängen, aber durch den Höhenreiz und die guten Qualitätseinheiten fühle ich mich dennoch/deswegen sehr fit. Gefühlt hab ich irgendwie "fast nix" trainiert, aber allein die gute Umsetzbarkeit der Radintervalle zeigt, dass es sich gelohnt hat, hier etwas umzustellen.
Ich denke, ich habe jetzt in den zwei Pandemiejahren einfach viel zu viel aus Körper und Kopf rausgequetscht - oft ohne die gewohnten "Belohnungen" durch Wettkämpfe - und ich muss jetzt einfach deutlich sorgsamer mit mir selbst umgehen.
Das zeigt sich in erheblich besserer Laune, trotz teils sehr harter Trainings fühle ich mich erholt wie nach einem richtigen Urlaub.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Entscheidung, die "leeren" Kilometer im Training zu Gunsten von Regeneration zu reduzieren, die richtigen waren. Die zwei Entlastungsmonate (anstatt von nur Einem wie sonst) scheinen mich schonmal nix gekostet zu haben.

Trainingsstatistik im Vergleich zu 2018:
14 Trainingstage jeweils, 1,5 Belastungswochen plus halbe Taperwoche
Laufen: 12:53h, 157,6km und 1469 Höhenmeter, davon 18,6km Intensität <3:40min/km (deutlich längere Intervalle als 2018, größere Höhe), Tempo 8km <4min/km
(2018: 16:20h, 191,5km und 3161 Höhenmeter, davon 18,7km Intensität <3:25min/km, Tempo nur bergab 9,5km <4min/km)
Rad: 13:45h, 165km und 3569 Höhenmeter, davon 45min Intensität >4W/kg
(2018: 16:46h, 291km und 5629 Höhenmeter, davon 54min Intensität >3,75W/kg)
4 Kraft- und Mobilitätstrainings jeweils
Gesamtumfang: 30:38h (2018: 37:06h)

Pro&Cons-Liste hat sich bei unserem vierten Aufenthalt nicht verändert:
+ Die Höhe ist für mich nahezu perfekt, der Unterschied beim Trainingseffekt zwischen +/- 2000m und den 2400m in Kiambogo ist für mich sehr deutlich spürbar!
+ Abgeschiedenheit, Vielfältigkeit der Laufstrecken, auf denen man auch mal Zebras und Giraffen begegnet, vor allem mit dem Rad ist man schnell aus den besiedelten Farmer-Regionen heraußen
+ Verbot von Plastiksackerln und damit kaum mehr Müll in der Natur!
+ Preis (+Leistung!), Zimmer sind in ganz unterschiedlichen Preiskategorien verfügbar
+ Wenn erwünscht Guides bei jedem Lauf, die sich nach den eigenen Plänen richten (ich hatte mit Dennis einen Läufer, der meine Vorgaben wirklich punktgenau getroffen hat und darüber hinaus ein sehr angenehmer Gesprächspartner war!). Bezüglich Radtraining ist es wegen der Unfallgefahr sicherlich sinnvoll, mit jemand Zweitem als Begleitung zu verreisen.
+ Radfahren problemlos möglich (freies Wegerecht, viel Auswahl!), MTB empfohlen (damit ist man etwas flexibler als mit dem Crosser), unbedingt pannensichere Reifen mitbringen! Für ein reines Radcamp wäre Ruanda mein Favorit (weil die Intensitätstrainings leichter umsetzbar sind), für das Duathlontraining oder sogar eher lauflastige Programm hat für mich definitiv das Run2Gether-Camp die Nase vorne.
+ Ausflüge und Safaris
+ Viel Kommunikation mit Einheimischen, familiäres Zusammenleben wenn erwünscht
+ Haus oder Doppelzimmer mit wunderschöner Terrasse und Blick auf das Tal und den Vulkan
+ „westlichere Organisation“ (geführt durch Österreicher)
+ Gute Internetverbindung, klappt auch bei den meisten (kürzeren) Stromausfällen
+/- Das Essen ist für Sportler ideal, wiederholt sich aber immer wieder einmal. Wenn man die eine oder andere Kekspackung von daheim mitnimmt oder mal die paar KM nach oben zur Hauptstraße zu einem Shop läuft und radelt, fehlt einem eigentlich nix.
+/- Laufbahn ca. 1km entfernt, wenn es stark regnet, braucht der Naturboden "Pause", sonst zertritt man alles (etwas Flexibilität nötig)
+/- Das Wetter war diesmal wirklich perfekt, etwas kühler tagsüber und milder am Abend und in der Nacht - ideal fürs Training. Die Regenfälle haben uns kaum erwischt, dafür blüht die Vegetation regelrecht auf.
Ungut ist es bei langer Dürre und Hitze, genauso wie bei starkem Regen (denn da werden die Straßen auch glatt wie Seife).
- Bei fast jedem Lauf muss man am Schluss noch mal 100Hm den Berg hinauf (auch nach dem Bahntraining, wenn man nicht wie ich mit dem Rad unterwegs ist)
- Weite Anreise - allerdings von Wien aus noch halbwegs komfortabel zu erreichen
- Wenn es kalt in der Nacht ist, keine Heizmöglichkeit im Zimmer
+++ Kein gewinnorientierter Betrieb, der Verein fördert die Läufer und Familien vor Ort!

Berichte 20212016 und 2015

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